PORTRÄT
Die Porträts in diesem Raum sind um die Jahrhundertwende bis in die 1910-Jahre entstanden. Nachdem die Fotografie die abbildende, memoriale Funktion der Porträtdarstellung übernommen hatte, war die Bildnismalerei zunächst tot gesagt worden. Auf diese Herausforderung reagierten die Künstler, indem sie die repräsentative und charakteristische Auffassung einer Person stärker entwickelten - häufig nahmen sie dafür die Hilfe der Fotografie in Anspruch. Seit den 1890er-Jahren rückte die starke Psychologisierung des Einzelnen als Ausdruck einer allgemeinen Geisteshaltung in den Mittelpunkt des künstlerischen Interesses.
Schon die Kunstkritiker des 19. Jahrhunderts betonten, dass sich über die Porträts berühmter Zeitgenossen ein Stück Zeitgeschichte vermittle, was sie zu Historiengemälden für die Zukunft mache. Das betraf keineswegs nur modische Äußerlichkeiten, sondern gesellschaftliche Grundfeste. Schon im Überblick über diesen Raum wird deutlich, was die Porträtmalerei dieser Zeit leistete: Es sind Porträts von Männern, Frauen (und einem kleinen Mädchen) versammelt, die der Aristokratie, dem wohlhabenden Bürgertum und der Kunstszene angehörten. Durch die Art der Repräsentation werden Standesunterschiede zum Teil ausgeglichen und Identitäten vorsichtig in Frage gestellt; doch die Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen bleiben festgeschrieben Männern wird Selbstbewusstsein verliehen, das sich aus geistiger Tätigkeit speist, Frauen werden dagegen primär über ihre Attraktivität und die Raffinesse ihrer Toilette definiert.