Die Bibel (Übersetzung Hermann Menge), Buch Weisheit, Kapitel 10

Weisheit
1Sie ist es gewesen, die den erstgeschaffenen Vater der Menschheit, als er noch allein geschaffen war, behütet und ihn aus seinem Fall wieder errettet hat;2sie verlieh ihm auch die Kraft, sich alles untertan zu machen.3Als aber der Gottlose in seinem Zorn von ihr abfiel, ging er durch seine brudermörderische Leidenschaft mit zugrunde.4Die um seinetwillen überflutete Erde rettete wiederum die Weisheit, indem sie den Gerechten vermittelst eines geringen Holzes (durch die Flut) hindurchsteuerte.5Sie war es auch, die, als die Völker sich einmütig in Verworfenheit zusammengetan hatten, den Gerechten ausfindig machte und ihn unsträflich vor Gott bewahrte und ihn trotz seiner herzlichen Liebe zu seinem Sohn stark erhielt.6Sie rettete beim Untergang der Gottlosen den Gerechten, als er vor dem Feuer floh, das auf die fünf Städte herabfiel,7für deren Bosheit noch jetzt als Zeugen da sind die verödete, stets rauchende Landschaft und Pflanzen, die vor der Zeit unreife Früchte tragen, und die Salzsäule, die als Denkmal einer ungläubigen Seele dasteht.8Denn da sie an der Weisheit vorübergingen, erlitten sie nicht nur dadurch Schaden, daß sie das Gute nicht mehr kannten, sondern sie hinterließen auch der Nachwelt ein Denkmal ihrer Torheit, damit ihre Verfehlungen nicht verborgen bleiben könnten.9Die Weisheit aber hat die, welche ihr dienten, aus den Notlagen errettet.10Sie hat den Gerechten, der vor dem Zorn seines Bruders floh, auf ebenen Pfaden geleitet; sie zeigte ihm das Reich Gottes und gab ihm Kenntnis von den heiligen Dingen, verschaffte ihm Wohlstand unter mühseligen Dienstleistungen und lohnte seine Arbeit reichlich.11Bei der Habgier seiner Bedränger stand sie ihm bei und ließ ihn reich werden;12sie beschützte ihn vor seinen Feinden und stellte ihn sicher gegen die, welche ihm nachstellten; sie verlieh ihm den Sieg in dem schweren Kampfe, damit er zu der Erkenntnis käme, daß die Gottesfurcht stärker ist als alles andere. –13Sie verließ den Gerechten auch nicht, als man ihn verkauft hatte, sondern bewahrte ihn vor der Sünde;14sie stieg mit ihm in die Zisterne (oder ins Gefängnis?) hinab und verließ ihn nicht in Fesseln, bis sie ihm das königliche Zepter verschafft hatte und die Herrschaft über seine Bedränger und seine Verleumder als Lügner erwiesen und ihm ewigen Ruhm verliehen hatte.15Sie war es, die das heilige Volk und das untadlige Geschlecht von dem Volksstamm der Bedränger befreite;16sie zog ein in die Seele des Dieners des Herrn und trat gegen furchtbare Könige mit Zeichen und Wundern auf.17Sie verschaffte den Heiligen den Lohn für ihre Mühen, geleitete sie auf wunderbaren Wegen und diente ihnen am Tage als Schirmdecke und bei Nacht als Sternenleuchte.18Sie brachte sie durch das Rote Meer und führte sie durch die gewaltige Wasserflut;19ihre Feinde aber ließ sie in die Wogen versinken und schleuderte sie dann aus der Tiefe des Meeresgrundes wieder ans Land empor.20So geschah es denn, daß die Gerechten den Gottlosen die Waffen abnahmen und deinem heiligen Namen, o Herr, lobsangen und einmütig deine schirmende Hand priesen;21denn die Weisheit öffnete den Stummen den Mund und machte die Zungen der Unmündigen helltönend.

In Vorbereitung: Paris, Musée d’Orsay; Paris, Musée des Arts décoratifs; L'Aquila, Museo Nazionale d'Abruzzo; Ascoli Piceno, Pinacoteca civica

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