Die Bibel (Übersetzung Hermann Menge), Buch Habakuk, Kapitel 1

Habakuk
1(Dies ist) der Gottesspruch, den der Prophet Habakuk geschaut hat.2Wie lange schon, HERR, rufe ich um Hilfe, ohne daß du es hörst! Wie lange schreie ich zu dir über Gewalttat, ohne daß du Hilfe bringst!3Warum läßt du mich Unheil schauen und muß ich Elend erblicken? Bedrückung und Gewalttat werden vor meinen Augen verübt, Streit entsteht, und Zwietracht erhebt sich!4Darum erstarrt das Gesetz, und das Recht tritt nimmermehr zutage; denn der Frevler umgarnt den Gerechten: darum tritt das Recht verdreht ans Licht.5Sehet euch um unter den Völkern und blickt umher: werdet starr und staunet! Denn ein Werk vollführt er in euren Tagen – ihr werdet es nicht glauben, wenn man es euch erzählt.6Denn wisset wohl: Ich bin es, der die Chaldäer auftreten läßt, das bitterböse und ungestüme Volk, das weit und breit die Lande durchzieht, um Wohnsitze zu erobern, die ihm nicht gehören.7Schrecklich und furchtbar ist es; sein Recht und seine Hoheit macht es überall zum Gesetz.8Schneller als die Panther sind ihre Rosse und kühner als Wölfe am Abend ihre Reiter: sie kommen aus weiter Ferne dahergesprengt, sie fliegen heran wie ein Adler, der sich auf den Fraß stürzt.9Sie gehen allesamt auf Gewalttat aus, das Streben ihres Angesichts ist nach vorwärts gerichtet, und Gefangene raffen sie zusammen wie Sand.10Der Könige spottet es, und Fürsten sind ihm ein Gelächter; ob jeder Festung lacht es, denn es schüttet einen Erdwall auf und erobert sie.11Dann wirbelt es davon wie der Wind und zieht weiter unter Freveltaten: diese seine Kraft gilt ihm als sein Gott.12Bist nicht du, HERR, von alters her mein Gott, mein Heiliger? Nein, wir werden nicht sterben! HERR, zum Gericht hast du ihn bestimmt und zum Boten der Züchtigung ihn bestellt.13Zu rein sind deine Augen, als daß du Böses ansehen könntest, und Gewalttat vermagst du nicht anzuschauen: warum siehst du denn den Ruchlosen ruhig zu und schweigst, wenn der Frevler den verschlingt, der besser ist als er?14Du hast ja die Menschen so behandeln lassen wie die Fische im Meer, wie das Kriechgetier, das keinen Herrn über sich hat.15Sie alle hat er mit dem Hamen heraufgeholt, sie in sein Netz hineingerafft und in sein Garn eingefangen; darüber freut er sich und jubelt.16Darum opfert er seinem Netz und bringt seinem Garn Weihrauch dar, denn ihnen verdankt er seine reiche Beute und seine fette Speise.17Soll er aber deshalb sein Netz fort und fort entleeren und beständig Völker erbarmungslos morden?

In Vorbereitung: Paris, Musée d’Orsay; Paris, Musée des Arts décoratifs; L'Aquila, Museo Nazionale d'Abruzzo; Ascoli Piceno, Pinacoteca civica

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